Hochwasserfrühwarnung und -vorhersage in ganz Europa: EFAS

Was ist das EFAS?

Das European Flood Awareness System (EFAS), das gemeinsam von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) entwickelt wurde, ist ein hydrologisches Vorhersage- und Überwachungssystem, das unabhängig von administrativen und politischen Grenzen im größeren europäischen Raum funktioniert. Das Ziel von EFAS ist es, vorbereitende Maßnahmen vor großen Hochwasserereignissen zu unterstützen, insbesondere in den großen transnationalen Flusseinzugsgebieten und in ganz Europa im Allgemeinen. EFAS ist das erste operationelle europäische System zur Überwachung und Vorhersage von Hochwasserereignissen in ganz Europa und ist eine Komponente des Copernicus Emergency Management Service.

Es verbindet hochmoderne Wettervorhersagen mit einem hydrologischen Modell und versorgt die flussabwärts gelegenen Länder mit Informationen über den Zustand der Flüsse. Es liefert den zuständigen nationalen und regionalen Behörden ergänzende Informationen und Prognosen. Darüber hinaus informiert das EFAS das Emergency Response Coordination Centre (ERCC), das europäische Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen, über laufende und möglicherweise bevorstehende Hochwasserereignisse in ganz Europa.

EFAS erstellt 6-stündliche Hochwasservorhersagen (seit 2020) und monatliche saisonale Abflussvorhersagen (seit 2016). EFAS liefert europaweite Übersichtskarten zur Hochwasserwahrscheinlichkeit bis zu 10 Tage im Voraus und detaillierte Vorhersagen an Stationen, für die die nationalen Dienste Echtzeitdaten liefern. Mehr als 30 europäische Hydrologie- und Katastrophenschutzdienste sind Teil des EFAS-Netzwerks.

Seit wann gibt es das EFAS?

Im Jahr 1999 begann die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit nationalen Behörden und Experten aus verschiedenen Mitgliedstaaten eine Forschungsstudie für ein europaweites Hochwasservorhersagesystem.

Das Europäische Hochwasserfrühwarnsystem wurde letztendlich 2003 nach den verheerenden Überschwemmungen in den Einzugsgebieten von Elbe und Donau im Sommer 2002 entwickelt. Während der Hochwasserkatastrophe erhielt die Europäische Kommission Hochwasserwarnungen aus verschiedenen Quellen, die nicht kohärent und von unterschiedlicher Qualität waren, was die Planung und Organisation der Hilfe erschwerte.

Die Hochwasserereignisse waren dementsprechend ein Weckruf, der die Notwendigkeit von Verbesserungen im Hochwasserrisiko- und Krisenmanagement innerhalb und über die nationalen Grenzen hinaus deutlich machte.

Dies führte zur Konzeption des EFAS, dessen Hauptziele darin bestehen, ergänzende europaweite mittelfristige Abflussvorhersagen und Hochwasserfrühwarninformationen zur direkten Unterstützung der nationalen Vorhersagedienste zu liefern, wobei der Schwerpunkt auf großen grenzüberschreitenden Flusseinzugsgebieten liegt.

EFAS wurde 2011 Teil des Copernicus Emergency Management Service und 2012 in Betrieb genommen, nachdem die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit nationalen Behörden, Forschungseinrichtungen und Universitäten etwa 10 Jahre lang geforscht hatte. Das operationelle EFAS ist an vier Zentren ausgelagert (ein hydrologisches Datenerfassungszentrum, ein meteorologisches Datenerfassungszentrum, ein Rechenzentrum und ein Verbreitungszentrum) und wird von der Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission verwaltet.

Wie profitiert der Katastrophenschutz in Europa vom EFAS?

1) Durch besser informierte nationale Hochwasservorhersagezentren:

Nationale und regionale Hochwasservorhersagezentren, die Mitglieder des EFAS-Netzes sind, können die EFAS-Informationen online verfolgen und erhalten als erste die EFAS-Warninformationen. Dadurch wird sichergestellt, dass sie immer Zugang zu den frühesten und umfassendsten Informationen über bevorstehende Hochwasser haben. Diese Zentren sind am besten in der Lage, die Hochwasservorhersageinformationen aus verschiedenen Quellen zu interpretieren und ihre lokalen Katastrophenschutzdienste mit  Fachwissen zu informieren.

Katastrophenschutz oder andere Behörden, die Zugang zu Echtzeit-EFAS-Ergebnissen haben möchten, müssen dies über den federführenden hydrologischen Dienst für ihr Einzugsgebiet beantragen.

Der Informationsfluss kann wie folgt beschrieben werden:

EFAS ➤ Nationale Hochwasservorhersagedienste ➤ Lokaler/Regionaler/Nationaler Katastrophenschutz

2) Durch koordinierte Hilfe für andere Länder:

Das Krisenmanagement während eines Hochwasserereignisses stellt immer eine Herausforderung dar, insbesondere bei grenzüberschreitenden Flüssen, deren Überschwemmungen mehrere Länder betreffen können und eine grenzüberschreitende Koordinierung erfordern. Über das EFAS wird das ERCC frühzeitig über eine mögliche großflächige Hochwasserkrise informiert. Gemeinsam mit den nationalen Kontaktstellen für den Katastrophenschutz kann das ERCC verschiedene internationale Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten studieren. Dazu zählen unter anderem Notfallpläne, Verfügbarkeit von Personal und Material. So ist das ERCC handlungsbereit, wenn ein Land den Mechanismus aktiviert.

Dieser sieht folgenden Informationsfluss vor: EFAS ➤ ERCC ➤ Nationale Katastrophenschutz-Kontaktstelle.

Nationale Kontaktstellen erhalten EFAS-Informationen nur für vorbereitende Maßnahmen im Falle eines internationalen Hilfeersuchens und zur Unterstützung eines anderen Landes. Die nationalen/regionalen Kontaktstellen-Mechanismen werden immer von den jeweiligen nationalen/regionalen Hochwasservorhersagediensten aktiviert.

Das EFAS und das Hochwasser in Westdeutschland

Das jüngste Hochwasser in Westdeutschland hat auch zu Diskussionen darüber geführt, ob man früher hätte warnen können um so eine bessere Vorbereitung zu gewährleisten.

Beim EFAS lagen frühzeitig Daten vor, die Überschwemmungen in den betroffenen Gebieten sehr wahrscheinlich machten. So warnte das EFAS die betroffenen Länder bereits am 10. Juli. Von da an dauerte es jedoch noch zwei Tage, bis der Deutsche Wetterdienst, der Projektpartner des EFAS in Deutschland, eine erste Warnung herausgab und die Informationen an die Öffentlichkeit weitergereicht wurden.

Die verzögerte Warnung hat auch zu der Diskussion geführt, ob es in Zukunft angebracht wäre, sich selbstständig über entsprechende Katastrophenwarnungen zu informieren. Doch dies ist aktuell nicht möglich, da die EFAS-Daten und Warnungen  für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

  •  Wann und auf welcher Grundlage gibt die EFAS Hochwassermeldungen heraus?

Die EFAS erstellt zweimal täglich aktualisierte hydrologische Vorhersagen für Fluss- und Sturzfluten in ganz Europa, die von  geschulten Hydrologen analysiert werden.

Die Erstellung der EFAS-Hochwassermeldungen erfolgt dabei auf der Grundlage von der Art des Hochwassers (z.B. Fluss- oder Sturzflut), der Wahrscheinlichkeit des Überschreitens bestimmter Meldekriterien (z.B. Wahrscheinlichkeit, dass der vorhergesagte Abfluss eines Flusses eine fünfjährige Wiederkehrperiode überschreitet) und anderer Kriterien wie der Größe des Flusses.

  •  Welche Art von Informationen sind in den EFAS-Hochwassermeldungen enthalten?

EFAS-Hochwassermeldungen enthalten einen Hinweis auf die potenziell betroffene größere Region oder den Fluss-/Zuflussabschnitt und eine sehr kurze und grundlegende Information über die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Hochwasserwiederkehrperiode überschritten wird. Darüber hinaus enthält die Meldung den Hinweis, einem Link zu folgen, der zu den detaillierteren, regelmäßig aktualisierten Hochwasservorhersageinformationen im EFAS-Webportal führt.

  •  Warum sind die Hochwassermeldungen der EFAS für die Öffentlichkeit nicht zugänglich?

Die Meldungen der EFAS haben nicht zum Ziel, die Öffentlichkeit zu warnen, da die Meldungen Experteninformationen enthalten, die mit den relevanten verfügbaren nationalen und lokalen Informationen kombiniert werden sollten. Dies soll zur Schaffung einer bestmöglichen Grundlage für die Entscheidungsfindung dienen.

Um die nationale Zuständigkeit für Warnungen und den Grundsatz der einstimmigen Warnung zu wahren, können EFAS-Hochwassermeldungen und andere damit zusammenhängende Vorhersageinformationen nicht öffentlich zugänglich gemacht werden, es sei denn, die zuständige nationale Behörde beschließt, die Informationen zu teilen.

Aus diesem Grund sind die Frühwarnkarten der EFAS grundsätzlich zunächst einen Monat lang nicht öffentlich verfügbar.

Überwacht die EFAS, was nach der Veröffentlichung der Meldung getan wird?

Die Überwachung der Maßnahmen, die von den nationalen Behörden auf der Grundlage der EFAS-Hochwasservorhersage oder der Informationen des nationalen Warnsystems ergriffen werden, wird nicht von der EFAS übernommen, da solche Maßnahmen nicht in die Zuständigkeit der EU fallen.

Das hier in Deutschland nur eine einzelne Behörde dazu befugt ist, Warnungen an die Bevölkerung herauszugeben und die Bürgerinnen und Bürger nicht selber Zugang zu Informationen der EFAS haben, hängt folglich damit zusammen, dass vermieden werden soll, dass die Bevölkerung oder auch die Medien durch unterschiedliche Aussagen irritiert werden, da es sehr viel Expertise und Fachwissen benötigt, um  EFAS-Warnungen richtig einzuordnen.