Ergebnisse des EU-Sondergipfels

„Heute haben wir einen historischen Schritt getan, auf den wir alle stolz sein können. Wir haben vier lange Tage und Nächte durchverhandelt.

Aber es war es wert. Das Ergebnis ist ein Signal des Vertrauens in  Europa und es ist ein historischer Moment für Europa“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 21.07.2020 in Brüssel.

Beim EU-Finanzgipfel sind sich die 27 europäischen Staats- und Regierungschefs einig geworden: Nach vier langen Verhandlungstagen hat die EU das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte beschlossen. Am Ende des langwierigen Einigungsprozesses steht ein Programm mit einem Gesamtvolumen von 1,8 Billionen Euro, das den Corona-Hilfsfonds und den EU-Haushalt umfasst.

Trotz der Euphorie über den geglückten Deal, gibt es weitere Streitpunkte: Insbesondere die ungenauen Formulierungen zur Rechtsstaatlichkeit und die Haushaltskürzungen im Zukunftsbereich, stehen in der Kritik. Der EU-Haushalt benötigt die Billigung des EU-Parlaments, das Nachbesserungen gefordert hat nun in einem Vermittlungsverfahren Änderungen durchsetzen will. Zudem ist die Zustimmung aller 27 Parlamente in den EU-Staaten notwendig.

Volumen

Der nächste mehrjährige EU-Finanzrahmen, für die Zeitspanne von 2021 bis 2027, umfasst 1.074,3 Milliarden Euro und ist damit mit rund 19 Milliarden Euro weniger datiert, als der aktuelle Sieben-Jahres-Haushalt (1.083 Mrd. Euro). 

Der EU-Haushalt wird jedoch zusätzlich mit dem Corona-Wiederaufbaufonds, der mit 750 Milliarden Euro ausgestattet ist, aufgestockt.

Corona-Hilfen

Über die Höhe des Corona-Hilfspakets wurde viel diskutiert, gestritten und verhandelt. 

Statt, wie in dem von Frankreich und Deutschland vorgelegten Vorschlag für einen Wiederherstellungsfonds in Höhe von 500 Mrd. Euro, sind nun 390 Mrd. als nicht rückzahlbare Subventionen vorgesehen.

Das Gesamtvolumen des Aufbauprogramms „Next Generation EU“ beträgt dabei weiterhin 750 Mrd. Euro.

360 Mrd. Euro sollen als Kredite zu niedrigen Zinsen vergeben werden.

2.1 Finanzierung des Programms

Um das Programm finanzieren zu können, nimmt die EU-Kommission erstmalig im großem Umfang gemeinsame Schulden an den Finanzmärkten auf, welche bis 2058 zurückgezahlt werden sollen.

Die Rückzahlung, der 390 Milliarden Euro für Zuschüsse, soll noch vor 2027 beginnen und aus dem EU-Haushalt geleistet werden. 

Die EU versucht die Schulden, nach Möglichkeit,  nicht über die Erhöhung nationaler Beiträge zu begleichen. 

Budgeteinnahmen sollen durch Solidarabgaben von Konzernen, Emissionszertifikaten, CO2-Abgaben bei Einfuhr in die EU und einer Digitalsteuern gewährleistet werden. 

Die Umsetzung der Digitalsteuer und der sogenannten CO2-Grenzsteuer soll dabei spätestens im Jahr 2023 erfolgen. Bereits im kommenden Jahr ist zudem die Einführung einer Abgabe auf nicht recyclebares Plastik vorgesehen.

Die verbleibenden 360 Mrd. Euro werden als Kredite vergeben, die von den jeweiligen Empfänger-Staaten zurückgezahlt werden sollen.

2.2 Die „sparsamen Vier“

Einen Verhandlungserfolg stellte die Senkung der Zuschüsse auf 390 Milliarden Euro für die selbsterklärten „sparsamen Vier“, Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden dar. Ihr ursprüngliches Ziel war es, die Wirtschaft  ausschließlich mit günstigen Krediten und ohne Zuschüssen wieder in Schwung zu bringen um insbesondere Länder wie Italien und Spanien zu einer bestimmteren Reformpolitik zu bewegen. Weitere Kritikpunkte waren zudem, das gemeinsame Aufnehmen von Schulden im großem Umfang und die Sorge, dass die eigenen Steuerzahler für die Finanzierung der Zuschüsse aufkommen müssen.

Probleme

3.1 Rechtsstaatlichkeitsschutz

Bei der Vorstellung des Aufbauinstruments “Next Generation EU“ betonte die Kommission, dass die Aufbauhilfen an die Rechtsstaatlichkeit gebunden seien und der Wiederaufbau auf dem Fundament der Grundrechte und der uneingeschränkten Achtung des Rechtsstaatsprinzips erfolgen würde, um die Förderung und Stärkung der Demokratie zu gewährleisten.

Die Forderung die Auszahlung der Gelder an eine Rechtsstaatlichkeitsprüfung zu knüpfen, hat Anlass für großen Streit zwischen den EU-Staats-und Regierungschefs gegeben.

Der von vielen europäischen geforderte Schutz der Rechtsstaatlichkeit wurde von einigen osteuropäischen Ländern abgelehnt. Unter diesen Ländern befinden sich auch Ungarn und Polen, gegen die Verfahren wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit laufen, weil ihnen vorgeworfen wird, Grundfreiheiten zu verletzen sowie korrupt mit EU-Hilfsgeldern umzugehen. 

Die Debatte um die Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung von EU-Grundwerten, wie Rechtsstaatlichkeit, konnte letztlich mit einer Kompromiss-Formel gelöst werden, welche die Bedeutung des Schutzes der finanziellen Interessen der EU und des Respekts der Rechtsstaatlichkeit unterstreicht. Zudem soll ein neuer „Schutzmechanismus“ entwickelt werden, der vorsieht, dass die EU-Staaten über mögliche Sanktionen bei Verstößen entscheiden. 

3.2 Europäisches Parlament

Nach der Einigung der Staats- und Regierungschefs, müssen die Beschlüsse des Corona-Hilfspakets noch in Gesetze gefasst werden.

Des Weiteren ist eine Zustimmung des Europäischen Parlaments notwendig. Die Abgeordneten können jedoch zu den „Verlierern“ des Programms gezählt werden. Viele Programme in den Bereichen Forschung, Klimaschutz, Migration und Gesundheit, bei denen das Parlament Mitbestimmungsrecht gehabt hätte, wurden gestrichen oder gekürzt. Nach einer ersten Debatte der Abgeordneten über eine Resolution, heißt es im Entwurf: Das Parlament “stimmt der politischen Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 in seiner derzeitigen Fassung nicht zu“.

➤ Die Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen findet sich hier.

➤ Alle Informationen zu den Ergebnissen des EU-Gipfels finden sich hier.

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